Seit einiger Zeit hat Western Digital eine Festplatte mit 0,5, 1 oder 2 TB Speicherplatz und integriertem SD-Slot sowie W-LAN und integriertem Akku im Angebot. Das klingt ja nun nach der idealen Lösung, um unterwegs ohne Rechner die zahlreichen Timelapse-Bilder von der Speicherkarte auf Festplatte zu sichern bzw. einfach wieder Platz für die nächsten Aufnahmen zu machen!
Zu schön um wahr zu sein? Stimmt leider!
Aber der Reihe nach:
Ich habe die 1 TB-Variante für rund 160 € – sieht schick aus und mit zwei Status-LEDs und zwei Schaltern auch recht übersichtlich. Das Netzteil hat einen etwas wackeligen Kunststoffadapter zum aufschieben für das europäische und das (bei mir standardmäßig befestigte) 110 V US-Netz. Die Festplatte ist mit 4 GB Beispieldateien und Handbüchern zugemüllt, für die Konfiguration unter Android benötigt man eine App, der Zugriff über http://mypassport wie in der Kurzanleitung für PC/Mac beschrieben ist nicht möglich. Das klappt aber reibungslos und ab da an ist das W-LAN auch gesichert. Das W-LAN wird übrigens bei USB-Verbindung automatisch deaktiviert.
Übersichtlich: Das Dashboard mit direktem Zugriff auf zahlreiche Funktionen
Ärgernis Mediendatenbank
Mag ja ein nettes Feature sein, wenn man das Gerät als Medienserver einsetzt, ansonsten ist es eine ärgerliche Bevormundung des Kunden denn dieses „Feature“ lässt sich offenbar nicht so einfach ausschalten – für Hinweise dazu wäre ich dankbar. Von allen Dateien mit bekanntem Dateityp werden Vorschaubilder generiert und das dauert bei 1.000 JPGs schon mal eine Stunde. In jedem einzelnen Ordner mit Mediendateien wird ein Ordner .wdmc mit Unterordner transcoded_files und darunter nochmal ein kryptischer Ordner wie d312a08daf7d4218a7d1222eb67d1906 angelegt. Dort liegen dann für jede Mediendatei drei (!) Vorschaubilder in unterschiedlichen Auflösungen. Die darf man dann einzeln wieder löschen bevor man die übertragenen Bilder an den üblichen Speicherort zuhause überträgt – sonst werden sie ja z.B. in Lightroom mit importiert. Nervig!
So werden z.B. zu 319 recht kleinen JPGs meiner SX260 von einer Silvester-Timelapse mit 325 MB (348 MB auf dem Datenträger wg. Dateisystem – im Auslieferungszustand exFAT) noch 957 weitere Dateien (!) mit zwar eigentlich nur 13,7 MB, jedoch satten 119 MB Platzbedarf auf dem Datenträger erzeugt. Ein Datenoverhead von über einem Drittel – was denkt sich bloß jemand, der so etwas verzapft? Das Verhältnis wird bei größeren Dateien natürlich „günstiger“ aber es bleibt eine ungewünschte Verdreifachung der Dateienanzahl und für jede Datei rund 500 kb Verschwendung von Plattenkapazität! Abschließend allerdings ein Lichtblick und weiterer Vorteil von RAW-Dateien: Die kennt die MyPassport nicht und erstellt auch keine Thumbnails. Das wohl nur bei JPEG, PNG, TIF, BMP als kompatible Medienformate laut Handbuch. Nicht deaktivierbare Mediendatenbank – kann nach Medienarten sortieren und erstellt platzraubende Vorschaubilder.
Download von SD-Karten
Die Festplatte kann so konfiguriert werden, dass beim Einstecken einer SD-Karte die Daten automatisch übertragen werden, man kann es über die App starten oder sinnvollerweise auch manuell über einen Tastendruck am Gerät. Die Option Verschieben (so wird es im Browser-Dashboard genannt) bzw. löschen nach kopieren (in der App) sollte man tunlichst nicht aktivieren wenn man z.B. als Canon-User MagicLantern auf der Karte hat – das ist dann natürlich auch weg. Also lieber in der Kamera löschen. Die Daten landen automatisch in dem Ordner „SD Cards Import“ und dort in einem mit Karten-ID versehenen Unterorder – Änderungen sind nicht möglich. Ist ein Dateiname bereits vorhanden wird die neue Datei mit einem Suffix „-backup-yyyy.mm.tt.hhmm“ vor der Endung versehen. Kommt man bei einer Karte und intensiver Nutzung – was bei Timelapse ja schon mal vorkommt – wieder zu den gleichen Dateinamen wird nichts überschrieben. So weit so gut.
„Geschwindigkeit“
Praxistest: Eine Sandisk Extreme pro 64 GB mit 95 MB/s mit 20 MB RAW-Files aus der 6d vollgemacht (knapp 60 GB) und mit Stoppuhr daneben auf die MyPassport übertragen. Mit Netzteil um sicherzustellen, dass sie auch mit voller Leistung arbeitet – es gibt nämlich einen Akkusparmodus mit herabgesetzter Leistung. Nun – nach satten 2:10 Stunden war das dann letztlich erledigt, ergibt eine …
… Datenrate von 6,7 MB/s 🙁
Sorry liebe Leute von Western Digital – das ist ein schlechter Witz. Da hilft es auch nicht, dass die Daten angeblich geprüft werden, um sicherzustellen, dass auch alles korrekt übertragen wird, wie in einem anderen Review berichtet wird. Das ist angesichts von ersten Speicherkarten mit 512 GB Kapazität oder ultraschnellen UHS-II Karten mit nominell 280 MB/s ganz einfach nicht akzeptabel! Mehr Schein als Sein – die WD MyPassport Wireless
Verdächtig eigentlich schon, dass weder groß bei den Werbeaussagen, noch kleingedruckt im Abschnitt technische Daten etwas zur Datenrate oder Zugriffszeiten gesagt wird (Bei Amazon entdeckt: SATA, 5400 U/min). Auch fehlen Angaben dazu, welche Festplatten verbaut werden – ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Was sich allerdings in den technischen Daten findet, ist die Angabe der SD 2.0 Schnittstelle für den Kartenslot. Die nennt sich laut Spezifikation zwar „High Speed“, das sind aber selbst theoretisch max. 25 MB/s – aktuelle schnelle UHS-Karten werden also von vorneherein nicht unterstützt. Dass selbst dieser alte Standard in einem Komplettsystem mit hoffentlich aufeinander abgestimmten Komponenten dann zu weniger als einem Drittel ausgenutzt wird, ist beschämend. Mit anderen Karten (32 GB Kingston SDHC Class 4 Karte mit JPGs), einer 64 GB SanDisk Ultra SDXC Class 10 (30 MB/s) bestätigt sich die Übertragungsrate von knapp 7 MB/s. Alle Werte wurden altmodisch aus gestoppter Zeit und im Explorer angezeigter Anzahl Bytes (1 MB = 2^20 Bytes) ermittelt.
Mit Optimierung auf Akkulaufzeit sinkt die Datenübertragungsrate nochmals drastisch auf 3,6 MB/s ab und das Ganze ist am Ende nicht einmal stromsparender im Bezug auf Datenmenge/Akkukapazität.
Datenübertragungsrate USB und W-LAN
W-LAN – direkte Verbindung zwischen Notebook mit SSD und MyPassport (angezeigte Übertragungsrate schwankend zwischen 104 und 144 MBit/s bei „hervorragender“ Signalstärke) – je drei Übertragungen:
- 5 GB Datei schreiben: 7,2 – 5,8 – 6,2 MB/s
- 5 GB Datei lesen: 6,3 – 6,8 – 6,8 MB/s
- 5 GB in 20 MB RAW-Files schreiben: 5,2 – 5,1 – 5,6 MB/s
- 5 GB in 20 MB RAW-Files lesen: 6,1 – 5,8 – 5,7 MB/s
USB-Verbindung zwischen Notebook mit SSD und USB 2.0 Schnittstelle und der MyPassport mit mitgeliefertem USB 3.0 Kabel
- 5 GB Datei schreiben: stabil 23,6 MB/s
- 5 GB Datei lesen: stabil 26,5 MB/s
- 5 GB 20 MB RAW-Files schreiben: stabil 19,5 MB/s
- 5 GB 20 MB RAW-Files lesen: stabil 27,2 MB/s
Mit USB 3.0 kann ich mometan nicht testen – die Daten werden nachgeliefert, wobei ich aufgrund der niedrigen Werte die Schnittstelle am Notebook nicht als Flaschenhals vermute.
Stromversorgung – Akkulaufzeit
Das Gerät hat laut Herstellerangaben einen Lithiumakku, was heutzutage auch so sein sollte. Geladen wird ausschließlich über den USB-Anschluss aber nicht beim Anschluss an den PC und selbst bei Netzanschluss nur wenn die Festplatte nicht in Betrieb ist – das ist schwach. Mit einfachster Beschaltung ist es möglich, einen Li-Akku gleichzeitig zu belasten und zu laden – USB 3.0 liefert immerhin 0,9 A und am Netzteil kann’s ja nun wirklich nicht liegen, es sei denn man spart auf Teufel komm raus.
Eine volle 64 GB Sandisk Extreme pro zieht bei eingestellter Leistungsoptimierung in den nötigen 2:10 Stunden 60 % aus dem anfangs vollem Akku.
Mit Optimierung auf Akkulaufzeit dauert der Abfall auf 40% zwar rund 25 Minuten länger, allerdings wurden lediglich 37 GB kopiert. Der niedrigere Stromverbrauch wird also durch die niedrigere Transferrate überkompensiert und ist beim Kopieren von Daten auf das Gerät nicht nur nutzlos, sondern kontraproduktiv und auch zweifelhaft wie die angegebenen 6 Stunden „kontinuierliches Webstreaming“ möglich sein sollen.
Beim kontinuierlichen Kopieren von der SD-Card war der Akku nach 3:20 Stunden erschöpft – ausreichend für rund 77 GB Daten. Keine 8 % der Plattenkapazität …
Eine vernünftige Möglichkeit zum Stromsparen wäre einfach das W-LAN ausschaltbar zu machen – auf die Idee ist aber wohl niemand bei WD gekommen. Zumindest finde ich nichts in den Einstellungen und auch nichts im Handbuch bei der Funktion der beiden Tasten 🙁
Mein Fazit
Pro
- Backups von SD-Karten ohne weiteres Zubehör möglich
- zumindest theoretisch: eingebauter Akku
- diverse weitere Einsatzszenarien durch W-LAN und Streaming per DLNA sowie Auto-Sync-Option
- hochwertiges Erscheinungsbild und Haptik,
- einfache Bedienung
- leise
Contra
- rund 6 MB/s bei der direkten Übertragung von SD-Karte zu Festplatte ist erbärmlich langsam
- per W-LAN nur 5,3 MB/s schreiben und 5,9 lesen (20 MB Files)
- auch bei direkter USB-Verbindung keine zeitgemäßen Übertragungsraten mit unter 20 MB/s schreiben (20 MB Files)
- nicht abschaltbare Mediendatenbank, die in jedem einzelnen Ordner zu bekannten Dateitypen automatisch drei Vorschaubilder mit rund 500 kb Platzbedarf auf der Festplatte erzeugt.
- Akkukapazität beim Kopieren von SD-Karte nur ausreichend für rund 77 GB
- Akkuladung im Betrieb nicht möglich, also z.B. auch nicht in der Zeit, in der die überflüssigen Vorschaubildchen erstellt werden!
- W-LAN nicht ausschaltbar
- Beschränkung auf SD-Karten
- keinerlei Fortschrittsanzeige der Datenübertragung im Standalonebetrieb
- Bei USB-Verbindung wird W-LAN automatisch deaktiviert
- SD-Karten werden recht heiß schon bei nur einigen Minuten Verbleib im Gerät
- Android-App und Dashboard unter http://mypassport arbeiten mit unterschiedlichen Begriffen: Verschieben/Kopieren vs. ein/ausschalten von „Nach Import löschen und Optimierung Leistung/Batterielebensdauer vs. Leistung Ein/Aus.
- Kopierziel für Kartenimport nicht änderbar
Ein leider unausgereiftes, wenig durchdachtes Gerät, dessen Unzulänglichkeiten es für Fotografen zum Backup umfangreicher Daten fast unbrauchbar macht.
Hallo Uli,
vielen Dank für den Review. Da bin ich wirklich froh drum nicht zugeschlagen zu haben. Auf der letzten Reise habe ich mit Laptop und 2 USB Festplatten hantiert (100Tage Südamerika) und war recht frustriert. Eine Übertragung von SD direkt aufs Backupmedium kam mir in den Sinn und ich habe noch während der Reise die WD entdeckt. Aber nach deinem Review spare ich mir den Kauf. Wenn ich an Timelapse / Video oder ähnliches denke müsste die HDD wohl die ganze Nacht durchlaufen.
Grüße
Lars
Hallo,
habe das gleiche Problem mit den .wdmc-Ordnern auf einem WD MyCloudEx4. Voll nervig. Ich habe dort etwa 35.000 (!) Bilder und etwa 25.000 MP3s und Filmdateien liegen. Nun kann ich mir vorstellen, warum das Ding so lahm läuft.
Habe zwar in diesem Blog dazu etwas gefunden, die Lösung übersteigt aber ein wenig meinen Horizont. Es ist auf jeden Fall voll nervig – denn es scheint keine Option zu geben, das abzuschalten.
Hallo Robert,
„Digi-Quick“ hat das auf Amazon etwas einfacher dargestellt, da mir Schussel die Platte runtergefallen ist, kann ich’s nicht ausprobieren aber vielleicht hilft es:
Ärgernis Mediendatenbank
Das ist kein Feature des Gerätes an sich, sondern gehört zum integrierten Mediaserver (Twonky)!
1. Im Dashboard den DLNA Server einschalten (falls ausgeschaltet)
2. per http://wdmycloud:9000 (bzw. über die IP-Adresse geht auch) den Twonky Mediaserver aufrufen.
3. hier dann alles abschalten was geht bzw. passt! :)
(z.B. Shared Folders = aus, Aktualisierungsintervall = 0 etc.)
4. Im Dashboard den DLNA Server ausschalten
Schon werden keine Extradateien/Ordner mehr angelegt.
Hi, wenn ich den Artikel lesen und die Kommentare, echt gut das ich mir so ein Teil nicht gekauft habe. Auch wenn ich mir die Contra Auflistung durchlesen. Aber trotzdem ist es nach meiner Meinung ein guter Ansatz. Hat jemand noch mit anderen Festplatte mit SD-Slot als ideale Backuplösung für unterwegs Erfahrungen sammeln können?
Grüße Jens
Hi Jens,
die Idee ist Klasse – keine Frage. Ein Akku bräuchte es von mir aus nicht – zumindest wenn er so schwach dimensoniert ist 😉
Schau dir mal das aktuelle Modell an: http://www.wdc.com/… – angeblich 10h Akkulaufzeit und USB 3.0 sowie SD 3, also nominal 60MB/s und somit gut doppelt so schnell wie das alte Modell. In der Praxis? Keine Ahnung 😉
Ok vielen Dank, dass werde ich machen.