Filter

Natürlich kann man auch bei der Zeitrafferfotografie mit Polfiltern arbeiten, um Reflektionen auf dem Wasser oder anderen Oberflächen zu unterdrücken. Auch Verlaufsfilter können eingesetzt werden, um z.B. die hellen Lichter einer Stadt im unteren Bereich abzudecken und darüber den Nachthimmel. Spezielle Filter die für den Sonnenuntergang in der Mitte das Licht mehr filtern als darüber und darunter etc. pp
Aber: Filter bringen gerade bei Zeitraffer auch gerne Probleme mit sich. Der Polfilter verändert seine Wirkung während eines Pan-Shots weil sich die Richtung der einfallenden Lichtstrahlen mit dem Schwenk ändert. Was bei einem Einzelbild vom Sonnenuntergang vielleicht den zu hohen Dynamikumfang gut bändigt, wird mit den untergehenden Sonne und dem Filter mit seiner fixen Abdunklungszone zur mittleren Katastrophe. Dazu die generelle Gefahr von Reflektionen, Vignettierung, Flares, Farbshift. Also mein Tip: So wenig Filter wie irgend möglich
Aber: In manchen Situationen brauchen wir einen Filter unbedingt: Einen ND-Filter um lange Belichtungszeiten für Bewegungsunscharfe und ein schön „smoothes“, flüssiges Video produzieren zu können. Hatten wir schon bei GoPro & Co. bei denen das nur schwerlich machbar ist.

Ja, wir wollen „unscharfe“ Bilder, wirklich!

Nein – der Fokus muss natürlich sitzen aber das Maß aller Dinge in der Filmproduktion ist eine Verschlusszeit von der Hälfte der Intervallzeit zwischen zwei Bildern, um eine für die menschliche Wahrnehmung angenehme, fließende Bewegung sicherzustellen. Die Einzelframes des Films haben dadurch bei schnellen Bewegungen eine Unschärfe („motion blur“), die man bei einer Fotoaufnahme meist mit kürzerer Verschlusszeit verhindern würde – bei bewegten Bildern ist sie gewollt! Das gilt natürlich auch für Videoaufnahmen – wenn selbst DJI für seine Drohnen ND-Filter anbietet wird da was dran sein, glaubt mir – Film/Video ≠ Foto!

Wenn sich nur Wolken in der Entfernung bewegen, ist das bei Zeitraffer weitgehend egal aber je größer die Bewegung von Bild zu Bild eben im Bild ist – also schnelle Bewegung nah am Teleobjektiv um das Extrembeispiel zu nehmen – desto notwendiger wird die Bewegungsunschärfe durch lange Verschlusszeiten.
Keine Rolle spielt es auch bei Astroaufnahmen – da versucht man sogar noch länger zu belichten. So lange es geht – sprich nach Ende der Belichtung startet schnellstmöglich die nächste. Alles an Licht einfangen was geht ist hier die Devise.

Straßenverkehr, Menschen, bewegtes Wasser, Bäume/Gräser im Wind – da brauchts einfach ND-Filter sonst kommen wir bei Tageslicht ja nie auf Verschlusszeiten von 50% der Intervallzeit. Abblenden wegen der Verschlusszeit ist keine gute Idee – abgesehen davon, dass es nicht ausreicht sinkt die Abbildungsqualität je nach Linse ab Blende 8-11 wieder und wir bekommen auch eine Tiefenschärfe, die wir vielleihct gar nicht haben wollen!

Ein weiterer positiver Effekt der „weicheren“ Bilder liegt in der späteren Kompression durch den Videocodec. Wir haben hier ja nur eine begrenzte Datenmenge pro Zeit zur Verfügung – gerade beim Upload auf YouTube & Co.! Ändert sich nun 30x pro Sekunde jedes Pixel sieht das nicht nur fürchterlich unruhig aus, sondern benötigt auch enorm Bandbreite und die Qualität sinkt teils rapide ab.

Auf der anderen Seite – was gefällt ist Geschmackssache, also einfach ausprobieren und selbst die Wirkung verschiedener Parameter erfahren!

Übersicht Filterarten

  • Schraubfilter
    • Für jeden Objektivdurchmesser ein extra Filter – oder einen Filter für die Linse mit der größten Öffnung und Adapterringe für die anderen
    • Vignettierungsgefahr bei Weitwinkel – Abhilfe können Slimfilter, die möglichst nah an die Linse herankommen und/oder einen (deutlich) größeren Filter per Adapterring anbringen, schaffen
    • starke Weitwinkelobjektive haben gar keinen Filterring
    • es gibt Filter mit variabler Durchlässigkeit
  • Rechteckfilter
    • die Nachteile der Schraubfilter sind ausgeräumt
    • dafür sind sie teurer, nehmen mehr Platz weg und sind empfindlich
    • für jedes Objektiv wird eine spezielle Halterung bzw. Adapter benötigt
  • Clip-In Filter
    • smarte, kleine und objektivunabhängige Lösung – ein Filter pro Kamera
    • Vignettierungsgefahr nur bei (extremen) Weitwinkel und/oder wenn für das Kameramodell kein spezifischer Filter verfügbar ist

Vorsicht bei variablen ND-Filtern – lange nicht alle liefern saubere Resultate. IdR. sind das zwei Polfilter deren Winkel zueinander die Lichtdurchlässigkeit bestimmt. Ist übrigens der gleiche Effekt, der manche Display mit polarisierter Sonnenbrille ganz schwarz aussehen lässt. Gerade bei geringer Durchlässigkeit kommt es teils zu unschönen Mustern weil die Filterwirkung nicht homogen ist.
Mein Tip wäre der Auroroa Power XND – ich habe seit Jahren die erste Version im Einsatz, keine Vignettierung, keine Muster, kein Farbstich – super flexibel einsetzbar für Video, Zeitraffer und long exposure. Aber leider ist die Firma nach einigen erfolgreichen Kickstarter-Projekten, Version 2 des Filters noch in 2020 den fast üblichen weg kleiner Start-Ups gegangen – spurlos verschwunden. Empfehlungen sind willkommen!

Die Stärke von ND-Filtern – was für was?

Wer sich noch nicht mit dem Thema beschäftigt hat, wird von vielen verschiedenen Ausführungen verwirrt und die Anbieter tragen ihren Teil zur Verwirrung bei, in dem teils verschiedenen Einheiten für die Durchlässigkeit durcheinander geworfen werden.

  • Transmission, Durchlässigkeit – sozusagen Helligkeit vor dem Filter geteilt durch Helligkeit nach dem Filter und das meist in Prozent.
  • Verlängerungsfaktor – meist mit einem x hinter der Zahl angegeben, also z.B. 8x bedeutet, dass man mit dem Filter 8x so lange belichten muss wie ohne Filter. Er lässt nur 1/8 des Lichts durch, hat also eine Transmission von 12,5 %.
  • Blendenstufen – damit können wir in der Fotografie eigentlich umgehen; eine Blendenstufe heißt Verdopplung/Halbierung der Belichtungszeit oder des ISO-Werts oder eben die Blende um eine Stufe öffnen/schließen (z.B. von 2,8 auf 4). Der Verlängerungsfaktor von 8 entspricht daher 3 Blendenstufen (2 x 2 x 2)
  • Die Angabe ND.. – der Wert sollte für die nicht so ganz intuitive logarithmische Darstellung der Durchlässigkeit stehen (dekadischer Logarithmus der Transmission). Hier sollten sich Zahlen zwischen 0,3 und 4 finden. Größere Zahlen deuten darauf hin, dass es sich eher um den Verlängerungsfaktor handelt. ND 0 heißt keine Filterwirkung, unsere drei Blendenstufen von oben sind ND 0,9 und ein ND 4 Graufilter lässt nur 0,01 % des Lichts durch – Verlängerungsfaktor 10.000, entsprechend 13,3 Blendenstufen.
    Eine Änderung des ND-Werts von 0,3 ist eine Verdopplung/Halbierung der Belichtungszeit bzw. eine Blendenstufe
NDFilterfaktor xBlendenstufenTransmission1/1000 s ->
0,32150 %1/500 s
0,64225 %1/250 s
0,98312,5 %1/125 s
1,21646,25 %1/60 s
1,86461,56 %1/15 s
2,425680,39 %1/4 s
3,01.000100,1 %1 s
4,010.00013,30,01 %10 s
4,865.536160,0015 %1 min
7,216.777.216240,000006 %4:40 h

Über ND 4 ist eher selten zu bekommen, mit 24 Blendenstufen gibt es tatsächlich einen Rechteckfilter von Formatt Hightech – für was auch immer 😉

Geht es um 1/30 bis 1/60 s Belichtungszeit für Videoaufnahmen sind wir bei Tageslicht im Bereich 3-6 Blendenstufen, also im Idealfall hat man ein 4er Set mit 8x, 16x, 32x und 64x um bei gewünschter Blende (Tiefenschärfe!) im optimalen Zeitbereich filmen zu können.

Bei Zeitraffer hängt die „ideale“ Belichtungszeit von der Intervallzeit ab, also um wie viel wir die Bewegungen beschleunigen möchten. Haben wir sehr schnell ziehende Wolken, Fußgänger oder Straßenverkehr arbeiten wir vielleicht nur mit 1-2 s Intervallzeit, also 0,5 bzw. 1 s Belichtungszeit. Die Tabelle zeigt es schon – um von 1/1.000 s Belichtungszeit (f 2,8 bei Sonnenschein) auf 1 s zu kommen, brauchen wir schon 10 Blendenstufen, also einen ND 3,0 bzw. 1000x Filter. Bei längeren Intervallen ist die Frage, ob man mit 1-2 s Belichtungszeit genug motion blur produziert, ob man ein wneig abblendet oder noch einen stärkeren Filter parat hat. Ich komme zu bestimmt 90 % gut mit dem ND 3,0 Filter aus. Je nach Lichtstärke des Objektivs und bevorzugter Blende beim zeitraffern schadet bei bewölkten Himmel ein ND 2,4 bzw. 256x Filter aber auch nicht.

Noch längere Belichtungszeiten kann man auch bei Straßenverkehr oder vielen Personen einsetzen – z.B. um den Verlauf von Sonne und Schatten zu zeigen und die ganze Hektik der Szene weitgehend auzublenden. Bei 2 min Belichtungszeit muss eine Person bzw. ein Auto schon lange stillstehen, um sichtbar zu werden – alles andere verblasst angesichts der nur wenigen Sekunden an der gleichen Stelle. Zehn Stunden Aufnahme bei 2 min Intervall (in dem Spezielfall würde ich – je nach Hotpixel die auftauchen – von der 180°-Regel abweichen und alles an Info mitnehmen, was man aufnehemn kann) geben 300 Bilder und somit 10 s Video.

Für spezielle Einzelbilder kann das auch nötig sein, so starke Filter zu verwenden – wenn man einen sehr weichen Effekt von Wolken oder Wasser haben möchte.

Mit Langzeitbelichtung von einigen Minuten verschwimmen (haha) Wellen zu einer flachen, weichen Fläche.

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