Drehköpfe & Pan-Tilt

Die meisten werden schon allein aus finanziellen Gründen mit statischen Timelapse-Aufnahmen beginnen – fast Alle werden es entweder schnell sein lassen oder ebenso schnell den Wunsch nach der dynamischen Variante mit Kamerabewegung verspüren. Am günstigsten geht das erstmal mit einem isolierten „Drehteller“ für definierte Schwenks, „Pan-Shots“. Damit kann man z.B. den Blick über eine Bergkette schwenken lassen über die gerade Wolken ziehen oder mit dem sich bewegenden Milchstraßenzentrum mitschwenken, was dann schon eine ziemlich coole Sache ist finde ich.

Beispiel für einfache Pan-Shots mit ziehenden Wolken (Auszug aus meinem Video zur „Perseidenjagd 2023“ )

Radian von Alpine Labs

Isoliert ist das z.B. mit dem Radian Drehkopf von AlpineLabs möglich. Die erste Variante hab ich mir 2013 direkt aus den USA geholt und es dürfte eine der wenigen Kickstarterprojekte in dem Bereich sein, die heute noch aktiv sind. Das Gerät wird über eine Smartphone-App (iOS & Android) konfortabel programmiert und die Daten per BLE übertragen – das Weitere läuft dann aber ohne Verbindung zum Smartphone autonom ab. Das Teil ist recht handlich und leicht aber dennoch stabil. Mit L-Schiene kann es auch für Tilt-Shots verwendet werden – hier sollte aber mit einer Schiene einigermaßen für Balance gesorgt werden damit das Drehmoment nicht zu groß wird. Ich kenne keinen Händler in der EU, daher Achtung: Zu den 249 $, die im US-Shop zu bezahlen sind, kommen bei Lieferung noch 3,7 % Zoll & 19 % Mehrwertsteuer obendrauf – man landet also bei knapp 300 €. Mehr als Tilt oder Pan geht halt nicht – keine (sinnvolle) Erweiterungsmöglichkeit.

Syrp Geni Mini II

In der Liga spielt qualitativ auch der Syrp Genie Mini II meine ich – kommt aus Neuseeland von einer Firma, die schon länger auf dem Markt ist. Auch hier habe ich mir den Original Syrp Drehopf mit Zoll und allem drumrum direkt aus Down Under geholt und habe ihn bis jetzt im Einsatz. Super-solides Teil und auch der Akku lief selbst nach Jahren Nichtnutzung auf Anhieb wieder/noch problemlos. Da hat sich nun aber auch einiges getan – nicht nur in bezüglich Produktentwickung, sondern auch in Sachen Firmenstrategie. Seit 2022 läuft der Vertrieb der bis dato entwickelten Produkte über die nicht ganz unbekannte Firma Manfrotto – man entwickelt in dem Sektor aber fleißig weiter.

der Syrp mini II – ein kompakter und solider Drehkopf

Um die 300 € werden für das smarte Teil aufgerufen, es trägt aber zuverlässig 3 kg und beherrscht auch 10 Keyframes bei der Programmierung per App. Bei dem Gerät sind wir auch eigentlich schon bei den Motioncontrol-Systemen. Man kann nämlich zwei der Teile zu einem Pan-Tilt-Kopf zusammenschließen. Das gibt’s auch in einem kompakten Gehäuse als Genie II (ohne Mini) – schlägt dann aber mit über 1.600 € zu Buche und in Kombination mit einem „Genie II Linear“ für rund 1.000 € kann man das ganze noch mit Slider zu einem 3-Achsen System kombinieren – Komplettpreis gut 3.500 €.

Edelkrone HeadOne

Ähnlich schaut es mit dem HeadONE von Edelkrone aus – einzeln als reiner Drehkopf oder mit einem Zweiten zu Pan-Tilt-Kopf kombinierbar. Preislich aber nochmals höher angesiedelt: wieder plus Steuern und Umsatzsteuer werden im US-Shop $ 399 (09-2023) aufgerufen. Da sind die Brutto rund 430 € bei Teltec aus Deutschland ein mehr als fairer Preis – allerdings richtet sich Teltec (eigentlich?) nur an gewerbliche Kunden. Wer sich stückweise ein Motion Control System zusammenstellen möchte, kann das hier besser als mit Syrp, da der „zusammengestückelte“ Pan-Tilt-Kopf auch mit einem Slider aus dem eigenen Haus zusammenarbeitet und es obendrein auch Dolly (sozusagen ein fahrbares Stativ) und Jib (Kran) gibt. Das Tilt-Set zur Verbindung von zwei Drehköpfen kostet schonmal $ 169 extra und man wäre beim Pan-Tilt-Kopf auch schon bei rund 1.000 € – dann lieber gleich den HeadPLUS v2 mit mehr Funktionen zum quasi gleichen Preis.

Black Forest Motion – Qualität aus dem Schwarzwald

Weshalb aber eigentlich in die Ferne schweifen …? Ja, da gab es den MDK, den Nic-O-Tilt, … – tja eben „gab“. Was es aber gibt, ist Black Forest Motion. Patrick und Moritz haben per Kickstarter erfolgreich einen Controller entwickelt und – eher ungewöhnlich für die Kampagnen dort – auch noch pünktlich ausgeliefert. Das war 2018 der Startschuss für eine bis dato erfolgreiche GmbH, die bei den Komplettsystemen ausführlicher Raum bekommt. Hier an der Stelle sei auf das „Astrobundle“ verwiesen, das den für alle Geräte (auch von anderen Herstellern!) einsetzbaren Controller und einen Drehkopf enthält. Nur für Pan-Shots ein bisschen overkill aber wir haben eben wieder die Erweiterbarkeit und zwar in alle Richtungen. Der Conroller kostet 450 €, eine einzelne kompakte und super stabile Drehachse 500 €.

Puhh – günstig, Einstieg, einfach??? O.K., ist ja gut – es geht günstig weiter:

TLPBF

Dann hätten wir nämlich noch „Timelapse Production Black Forest“, kurz TLPBF – ohne Verbindung zu Black Forest Motion 😉
KISS – Keep It Simple and Stupid könnte das passende Motto für die angebotenen Komponenten sein. Den 3-Achsen Controller gibt’s für 178 € und den Frame PTH getauften Drehkopf für 168 € – macht einen soliden Eindruck, da muss man sich echt überlegen, wie sinnvoll es ist, in die nachfolgend vorgestellten Produkte zu investieren. Wer billig kauft, kauft zweimal sagt man ja …

Low Budget Stand Alone Varianten für Pan-Shots

Video Review zu den u.g. Low Budget Drehköpfen

Mantona Turnaround 360 Advanced 3 – 129,90 €

Recht stabiles Gerät, das sauber Rotationen in weitem Winkel- und Geschwindigkeitsbereich bietet. Bei größeren Lasten sollte die Kamera über eine längere Schiene ausbalanciert werden. Angesichts fehlendem SMS-Modus und somit beschränkter Einsatzmöglichkeit recht teuer.

Montana Drehkopf
  • ca. 10x10x8 cm & 410 g schwer
  • 2 kg Belastbarkeit (vertikal 0,5 kg)
  • 7 Geschwindigkeiten für Dauerbetrieb bzw. Drehwinkel in 10°-Schritten mit einstellbarer Dauer. Drehrichtung wählbar.
  • kein SMS-Betrieb, der Drehkopf bewegt sich kontinuierlich!
  • Betrieb mit Mignon-Batterien oder per Micro-USB
  • 3/8 (mit Adapter auf 1/4) & 1/4“ Stativgewinde

Movo Photo MTP-11 – 59,95 €

Stabiles, handliches Gerät aber leider mit viel zu begrenzten Einstellmöglichkeiten. Es ist von der Drehgeschwindigkeit fast nur die Kombination 60 min für 15° verwendbar. Das Gerät stoppt obendrein nach Ablauf der eingestellten Zeit – für Astrozeitraffer ist eine Stunde meist zu wenig. Ebenfalls fehlt der SMS-Modus – daher auch beim gündtigen Preis keine Empfehlung.

Movo Photo MTP-11
  • ca. 9x9x6 cm, ca. 500g
  • 2 kg Belastbarkeit
  • fixe Drehwinkel (15°, 30°, 45°, 60°, 90°, 180° & 360°) und Drehdauer (5, 15, 30 & 60 min)
  • Drehrichtung wählbar
  • kein SMS-Betrieb, der Drehkopf bewegt sich kontinuierlich!
  • integrierter Akku
  • 3/8 (mit Adapter auf 1/4) & 1/4“ Stativgewinde

YT1200 Motorisierter Kamera-Schwenkkopf – rund 75 €

Tilt-Achse sehr instabil und wenig belastbar – die Kamera sollte mit Zubehör unbedingt ausbalanciert werden. Tiltachse für Zeitraffer wegen der zu hohen Geschwindigkeit nicht nutzbar. Mit etwas Bastelei (z.B. per Schlauchschelle fixierte tilt-Achse) preislich interessanter Drehkopf mit SMS-Modus.

  • ca. 13x13x12 cm; 785 g
  • 1 kg Belastbarkeit
  • pan & tilt (+/- 35°)
  • SMS – 3,5 mm Triggerausgang
  • Programmierung über Fernsteuerung
  • Drehrichtung und Geschwindigkeit wählbar
  • integrierter Li-Akku

Bei fehlendem SMS-Modus handelt man sich bei langen Verschlusszeiten (in der Nacht oder mit ND-Filter) eventuell gravierende Unschärfen ein, da sich bei pan-shots ja von Bild zu Bild „alles“ ändert und die Unschärfe durch den Kameraschwenk während der Belichtung hat nichts mit dem motion blur zu tun, den wir von bewegten Objekten haben möchten. Dann kommt noch Vibration hinzu, die die billigen Geräte durchaus mit sich bringen. Also ohne SMS sollte echt gut überlegt sein!

Wer andere günstige Drehköpfe kennt – gerne Info an mich oder direkt in die Kommentare!

Kamera-Gimbal und Astro-Nachführung als Drehkopf

Wer davon nix hat, kann das Kapitel ignorieren 😉

Zumindest rudimentär lässt sich jede Nachführung – auch kleine Reisenachführungen wie die Vixen Polarie (links im Bild) – als Drehkopf für Zeitraffer verwenden. Die drehen dann allerdings idR. kontinuierlich, sofern sie nicht über einen speziellen Zeitraffermodus verfügen. Für die Polarie gibt es einen Adapter (im Bild das silberne Teil zwischen Stativkopf und Gerät) um sie mit vertikaler Achse einzusetzen. Normalerweise wird sie auf der Unterseite per Stativgewinde bzw. Wechselplatte direkt auf dem Stativkopf befestigt und zum Polarstern ausgerichtet. Mit ordentlichem Stativkopf kann man sich den Adapter natürlich sparen und die Polarie auf dem Stativ quasi wie eine Kamera für ein Hochkantbild ausrichten.
24 Stunden für eine Umdrehung, lunar/solar nimmt sich kaum was zu sideral – 1/2 Geschwindigkeit gäbe es noch. Das war’s dann aber.

Wer einen Gimbal für eine Kamera hat, sollte mal einen Blick in die Bedienungsanleitung werfen – bei nicht ganz einfachen kann man nämlich die Vertikalachse auch für einen definierten Schwenk programmieren. Vorteilhaft ist es dabei allerdings, wenn man die anderen Achsen arretiert damit es dort nicht zu unerwünschten Bewegungen kommt.

Stand: 09-2023

4 Antworten zu Drehköpfe & Pan-Tilt

  1. Wolfgang LAst sagt:

    Hallo Herr Fehr,

    bin gerade dabei mir einen Slider mit Controler zuzulegen und dabei auch auf den Genie gestoßen. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht, wenn Ichmal Fragen darf.

    In dem Produktvideo sieht es by der Timelapseaufnahme aus, als würde schon ausgelöst obwohl die KAmera noch nicht zur Ruhe gekommen ist. Läst sich die Wartezeit des Schlittens steuern? so das man den Schlitten ggf früher stoppt. Klar kommt es auf den Intervall der Aufnahme an.

    Gruß W.Last

  2. Uli Fehr sagt:

    Das passt schon – ist ein wirklich ausgereiftes Gerät. Nicht gerade das leichteste mal vorsichtig ausgedrückt aber die doppelte Funktionalität hat natürlich schon was. Präziser für Slidershots ist ein Gerät mit Zahnriemen, wird sich aber bei den meisten Anwendungen in der Praxis nicht negativ auswirken denke ich. Ich habe den Genie bislang leider nur für zwei, drei lange Bewegungen über 10/15m auf einem Wagen bzw. Schlitten genutzt und das war cool 🙂

  3. Jörg sagt:

    Hallo,
    für diejenigen, die Lust haben einen Slider selber zu bauen, habe ich auf meiner Web-Seite, jv-foto.de/technik/baubericht-meines-kamera-sliders/ , eine Baubeschreibung. Als Basis dient eine IGUS-Schiene, die Steuerung habe ich mit einem Arduino gemacht.
    Gruß Jörg

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